Dietmar Wolf, der grüne Wolf für Düsseldorf

Reise EmsRadweg 2021 Fazit

Zunächst ein paar Hinweise

Als Kartenmaterial nutzte ich primär das zu empfehlende bilkeline-Radtourenbuch EmsRadweg Maßstabd 1:50.000 mit wertvollen Tipps zu Unterkünften, Sehenwürdigkeiten und vor allem der Streckenführung. Sein kleiner Nachteil ist die dem handlichen Format geschuldete schmale Darstellung der Karten. Wer hier mehr abseits radeln möchte, sollte sich zusätzlich mit Detailkarten Maßstab 1:50.000 versorgen.
Die Mitnahme einer Radwanderkarte 1:150.000 erwies sich wie befürchtet als nutzlos.

Im Notfall griff ich auf mobile elektronische Navigation zurück, die sich im Hirtenweg in Leer überfordert zeigte und fast aufgab.

Unbedingt empfehlenswert ist die intensive Lektüre der informativen Seite www.emsradweg.de mit einem Reiseplaner für Distanzen/Etappen, Reiseangebote auch mit Gepäckbeförderung, vielen Vorschlägen zu Unterbrinungen mit direkter Verlinkung, Beschreibungen von Sehenswürdigkeiten entlang und etwas fern des EmsRadwegs und vielem mehr.
Das ist eine echt positive und im wahrsten Sinne vorbildche Leistung der beiden beteiligten Touristikverbände in Niedersachsen und NRW!

DB Die Bahn begleitet die Ems zum größten Teil, sie lädt bei Schietwetter ggf. zur Nutzung und/oder zur Rückfahrt ein.

Zu den Radwegen selbst unten mehr.
Zur Radwegbeschilderung unten mehr.
Radreisenden mit lädiertem Rücken wir mir empfehle ich ab sofort dringend ein Rad mit einer anständigen Federung (Sattel, Sattelstütze u.v.m.)

Radwerkzeug hatte ich dabei, wurde aber dank pannensicherer Bereifung nur zur Revitalisierung einer Zimmerdusche benötigt.

Übernachtungen recherchierte ich über das o.g. emsland.de z.B. Pension Kardinahl in Wiedenbrück, über ADFC Bett&Bike und einschlägiger Online-Portale*. Auf Grund der Hochsaison buchte ich alle Übernachtungen vor, was sich als sinnvoll erwies. Urlaub im eigenen Land und Radurlaub wird immer beliebter, auch ohne Corona übrigens.
* Buchungen direkt über das Hotel zeigten sich z.T. als leicht preigünstiger.

Mücken
taten mich reichlich verjücken, ich rate dringend zu Vor- und Nachsorgemaßnahmen zu Insektenstichen. Merke: nicht überall wird Glyphosat versprüht.

Die Infrastruktur entlang des Emsradwegs zeigte sich besser als vermutet. In größeren Kommunen gab es überall irgendwie einen Radladen, es gab Nahversorgung von der die Radlertanke in Gleesen der Hit war, die meiste Gastronomie hatte (wieder) geöffnet, doch Vorsicht bei Montagen als beliebte Ruhetage.
Man merkt, wie die Region hier vom Radtourismus profitiert und Besucher innen willkommen heißt.



Ein subjektives Fazit Radreise EmsRadweg von den Quellen bis zur Mündung Sommer 2021

Der Radtourismus hat für die Region eine große Bedeutung erlangt, viele Betriebe stellen sich auf den Tages- und Mehrtagestourismus mit dem Fahrrad ein - und verdienen gerne Geld damit*. Eine Menge Radreisende -gefühlt 80%- nutzen Pedelecs oder E-Bikes. Nahe der großen Städte sind zudem viele Radsportler innen wahrzunehmen.

Der EmsRadweg eignet sich für Familien. Nennenswerte Steigungen gibt es bis auf die Deiche kaum. Der EmsRadweg führt durch große Kommunen oft auf eigenem Weg, so dass Kinder mit der immer gebotenen Vorsicht gut mitradeln können.
Außerhalb der Kommunen führt der EmsRadweg oft über kleine agrare Straßen, die zumeist sehr wenig von KFZ befahren werden. An größeren Landstraßen gibt es dann wieder eigene Radwege.
Der EmsRadweg berührt viele Natur- und Landschaftsschutzgebiete in denen auf anschaulichen Tafeln über die regionale Fauna und Flora informiert wird. Schön sind die Aussichtstürme bzw. Plattformen in den NSG, an denen sich immer wieder ein Stop lohnt.

Die Innenstädte haben mich zum Teil richtig überrascht. "Puppenstübchen" nannte eine Bürgerin Lingens die netten Fußgängerzonen.

Über die Hotelqualität kann man immer trefflich streiten, ich fand sie mit einer Ausnahme OK und kann lärmemfpindlichen Menschen wie mir nur die Mitnahme von Ohrstöpseln empfehlen, wenn denn mal in einem Zentrum übernachtet wird.

Entgegen ihres Vorurteils der vermeintliche Sturheit oder Wortkargheit erlebte ich die Menschen von Westfalen bis Ostfriesland als freundlich und aufgeschlossen. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Ein Problem hat da jedoch die Gastronomie, im Lock-Down wurden viele Kräfte entlassen, die fanden mittlerweile andere Jobs und nun fehlt an vielen Stellen gut ausgebildetes Servicepersonal. Dies zog sich wie ein roter Faden den ganzen EmsRadweg entlang.

Negative Kritik möchte ich an der Radwegausschilderung üben. Sie lässt zum Teil sehr zu wünschen übrig - das fordert dringende Nachbesserung. Hier sollten die Tourismusverbände en detail aktiv werden.

Punkt zwei meiner Kritik betrifft den Radweg nun selbst. So präsentiert die Wegführung den Reisenden unterschiedlichste Wegqualitäten, wobei eigene ausgewiesene gut asphaltierte Radwege leider die Ausnahme sind. Rad- und Wirtschaftswege überraschten mich mit zum Teil sehr schlechter Qualität. Alte unebene Pflasterungen, reihenweise Asphaltlöcher und -Hubbel wechseln sich ab. Da kommt ein PKW oder Traktor ohne Probleme rüber, ein Fahrrad aber nicht. Der EmsRadweg ist aber ein Fernradweg!
So manch eine Schotterpiste durch den Wald läßt sich besser befahren als die anschließende Asphaltstrecke.
Die Abwechslung in der Qualität erfolgt dann auch sichtbar von Kommune zu Kommune, an deren Grenzen sich die Wegbeschaffenheiten zum Teil extrem ändern.
Nun bin ich selber Kommunalpolitiker und weiß, wie schwer die Mittelbeschaffung ist. Daher sollten die Verbände auch hier ein Auge drauf haben und den mitfinanzierenden Landesbehörden klar und nachdrücklich die Radwegqualität als Wirtschaftsförderung durch Radtourismus verdeutlichen.

Zertifizierung. Die vier von fünf möglichen Sterne, die der EmsRadweg 2008 vom ADFC erhielt, sind für mich aus den beiden o.g. Kritikpunkten nicht nachvollziehbar, besonders wenn ich sie als Beispiel mit dem Kyll-Radweg vergleiche.

Die Route wird kaum zu ändern sein. Sie führt nicht wie vielleicht vermutet immer direkt der Ems entlang. Sie verläuft gerne in Zickzackkursen durch die zum Glück abwechslungsreiche Landschaft.
Gründe gegen eine Führung entlang des Flusses mögen einmal der Landschaftsschutz, der hat Prio!, dann sicherlich auch schwierige Grundstücksfragen sein.
Das muss man dann eben wissen, wer reines #Flussradeln möchte wird hier vielleicht enttäuscht, Naturfreunde aber schwer begeistert sein.

Ein positives Fazit

Der EmsRadweg lohnt, egal ob alleine, in Gruppen oder mit Kind und Kegel. Die aufgerundet 400km lassen sich in kleinen angenehmen Etappen aufteilen, es gibt kaum Steigungen, es gibt unterwegs viel zu sehen und immer die Gelegenheit, einen Ruhe-Kultur-Besichtigungtag einzulegen. Es lässt sich hier ein hübscher Ein-Wochenurlaub mit dem Rad realisieren - plus Anschlussmöglichkeiten über die Nordseeküstenroute EuroVelo 12.
Die Regionen von Ostwestfalen-Lippe über das Emsland bis Ostfriesland überraschen mit einer bunten ungeahnten Vielfältigkeit in den Landschaften und in ihren Kommunen. Die Infrastruktur in den Regionen stimmt.
Für das Rad empfiehlt sich eine gute Federung.
DB Die Bahn bringt einen hin&zurück und ggf. auch unterwegs weiter.

Ich kann mir selbst gut vorstellen, noch einmal ein paar Etappen z.B. von Meppen über Weener, dann auch Papenburg, Leer bis Ditzum zu fahren.

Und so ein bischen stolz ist man ja auch, wenn man einen Fluss von seinen Quellen bis zur Mündung begleitet hat. Auch wenn es "nur" rund 400 Kilometer sind - oder weil?

* Radtourismus als Wirtschaftsfaktor

Wie oben geschrieben stellten sich viele Betriebe und ihre Kommunen mit Erfolg auf den Radtourismus ein. Vorreiter war bereits in den 80igern des letzten Jahrhunderts die Region Münsterland mit ihren `Pumpernickel-Touren´, so hießen sie damals, glaube ich.
Während Handel und Gastronomie anderer Regionen in unserem Land so auch in Düsseldorf meiner Erfahrung nach immer noch die Nase rümpfen wenn Leute per Rad ankommen und *lediglich arme Schlucker* vorurteilen, hat man es hier entlang des EmsRadwegs einfach kapiert.

Ich selber gebe je nach Unterkunft vor Ort zwischen 60,00 und 150,00€ täglich vom Abendessen über Tourbier, Verpflegung, Eintrittsgebühren bis Postkarten aus.
Dies ist vielen Wirtschaftstreibenden zu wenig. Sie lassen jedoch eine besondere Zielgruppe komplett außer acht, die `Anspruchsvoll Genießenden´ welche wunderschöne Wortkreation. Dies wären Gäste mit hochwertigen E-Bikes, die gerne mit ihrem Rad zum guten Hotel und guten Restaurant fahren.
Oder Einkaufen, denn immer mehr Menschen legen im Zuge der Verkehrswende immer längere Distanzen mit dem e-unterstützen Rad zurück. Wer sich nicht darauf einstellt, hat seinen Markt verpennt. So einfach ist das.
Düsseldorf strebt im Modal Split einen Verkehrsanteil von min. 25% für den Radverkehr an. 25% des eigenen Markts nicht abdecken? Wer es sich leisten kann...

Radtouristen in die Region zu holen bedeuted ebenfalls einen Image-Gewinn für die Region. Wie beschrieben erlebte ich OWL ganz anders als das mir bekannte bestehende Vorurteil. Und ich schreibe darüber.

Das war nun noch ein kleiner Ausflug ins kommunalpolitische Wirtschaftsthema, siehe auch Papier zum Radtourismus für Grüne NRW.

Wie man merkt bin ich wieder im Alltagsmodus, leider ist der Urlaub nun vorbei.
Aber der nächste Radurlaub kommt bestimmt, ich habe bereits eine gute Zugverbindung nach Dole am Doubs und Eurovelo 6 gefunden, über den kann es nächstes Jahr gerne via Sancerre nach Órleans gehen.

Ihr
Dietmar Wolf