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Reisebericht Rheintour 2018
Auf dem EUROVELO 15 entlang des Oberrheins von Basel bis nördlich von Karlsruhe
Tag 0
Am 26.09.2018 feierte mein Kind sein dreißigstes Wiegenfest. Grund genug, den jungen Herrn als liebender Vater aufzusuchen. Das ging mit dem Eurocity 9 der SBB nebst Rad im Gepäck ganz gut, merke, früh genug reserviert reist das Rad bei der SBB nämlich im gleichen Waggon mit.
Ziel Zürich, da wohnte das Kind nämlich.
Und erst einmal kräftig verfahren, wo verdammt blieb mein sonst so guter Orientierungssinn? Nun, der sollte später noch einmal verloren gehen.
Da mein Sohn ein viel beschäftigter junger Mann war, verabschiedeten wir uns bereits einen Tag später (geplant!), er fuhr nach Venedig zur Architektur-Biennale, ich nach Basel an den Rhein.
Und da lernt man dazu!
Tag 1
Hier direkt ein Tipp: Zugfahren ist in der Schweiz nur per Internet preiswert zu kaufen. Für die Bahnreise Zürich-Basel inkl. meinem Super-Velo zahlte ich am Schalter satte 51 Fränkli, das war mehr als der EC 9 DUS-ZRH mit Bahncard 25.
Aaaah!
Also dringendst vorher ins SBB-Netz schauen und Angebote buchen!
Basel SBB war schnell erreicht und Dank meines bikeline-Reiseführers und sehr gut ausgeschilderter Radwege (Schweiz. Das läuft hier irgendwie besser!) rollte ich prima auf die andere Rhein-Seite und alsbald flott über die Grenze.
Rechts oder Links?
Diese Frage stellt sich den flussabwärts Rhein-Radelnden auf dem EUROVELO 15 dauernd, linke Seite durch Frankreich, rechtsrheinisch durch Deutschland? Alle vorher Befragten sagten, linksrheinisch wäre es schöner.
Nicht weil ich als Düsseldorfer rechtsrheinisch bevorzugen würde, nein, ich hatte ein anderes Begehren. Als Weißweinnase hatte ich nämlich den Kaiserstuhl klar im Visier.
Weil am Rhein mit seinen Hafenanlagen begeisterte mich, doch dort durch die Industrieanlagen irgendwann rauszukommen wenig. Bald war es geschafft. Ich traf auf eine fein geschotterte Piste in meist gutem Zustand, was die nächsten dreihundert Kilometer in etwa so bleiben sollte.
Nächster Tipp: Das ist g a r n i c h t s für r(h)eine Asphaltfans! Ihr solltet dann bitte linksrheinisch radeln denke ich, der Bikeline verspricht da mehr Teer unter den Reifen.
Die Schifffahrt bedient sich des Canal d´ Alsace, der Rhein fließt hier nahezu sehr naturbelassen. Zumindest hatte ich bei dem niedrigen Wasserstand den Eindruck.
Mich hatte es dann wieder: #Flussradeln. Oben auf dem Deich entlang, links den Fluss, rechts Feld, Wald, Wiesen, Dörfer gucken und in der Mitte auf flacher Strecke einfach die Seele baumeln lassen.
Prima!
Den ersten Höhepunkt gab es in Istein, den phänomenalen Isteiner Klotz.
Der Isteiner Klotz ist ein riesiger Fels mit ganz viel Geschichte. Mich begeisterte er total.
Ich bog ab, um den Ort Istein und den Felsen zu entdecken.
Mitten in der Rheinischen Ebene hebt sich der gigantische Felsen 150 Meter hoch. Seine Hänge sind zum Teil mit Weinreben übersäht, an der südwestlichen Wand klebt eine kleine Kapelle. Der Felsen ist zum großen Teil ein Naturschutzgebiet mit sonst nur im Mittelmeerraum vorkommenden Pflanzen. Doch an seiner Ostseite knabberte ein Kalkwerk an dem Korallenkalk, das enttäuschte mich etwas.
Also dieser Klotz bei bestem Wetter, das beeindruckte mich echt. Auf dem Rückweg zum Rhein befuhr ich schmale Sträßchen und kam unterhalb der Kapelle aus. Später konnte ich beim schlauen wikipedia.de nachlesen, dass der Klotz einst sehr sehr frech war. Stellte er sich dereinst doch dem Vater Rhein dermaßen in den Weg, dass dieser über das Rhonetal ins Mittelmeer floss. Siehe Wikipedia.
Was für ein Klotz!
Der Rhein selbst zeigte sich recht wild, obwohl er bestimmt in diesem sehr regenarmen Sommer 2018 wenig Wasser führte.
In der Sonne leuchtete er schön blau mit weißen Schaumkronen, wo sich Wasser an Felsen brach oder über Hindernisse hinwegströmte. Kleine Sandbänke und Inselchen befanden sich im Fluss, deren Mitte oft mit intensiven Grün bewachsen war. Es müsste einem ein hohes Vergnügen bereiten, hier mit einem Kanu oder Kajak entlang zu paddeln.
Die Flussschifffahrt von/nach Basel findet auf dem unmittelbar benachbarten und eben erwähnten Grand-Canal-d´Alsace statt.
Mein Radweg führte mich zumeist geschottert weiter und mit Rheinblick oben auf dem Deich entlang. Ich ließ es ruhig angehen, bin ja kein trainierter Radrennfahrer. So passierte ich kleine Orte wie Bad Bellingen, verpflegte mich im Eiscafé Incontro auf dem Rathausplatz in Neuenburg mit einem empfehlenswerten fulminanten Eisbecher und ein paar Espresso.
Achtung Kiddies! Wer mehr möchte, hier ein Tipp für Jung und Alt von einem Familienvater zum anderen, in Neuenburg gibt es ein Angebot Goldwaschen im Rhein.
Rheingold.
Nördlich von Neuenburg ging es eine Zeit lang parallel zur A5, deren Lärm übrigens ziemlich nervte. Sowas! Eine Brücke über Fluss und Canal bot an, rüber nach Frankreich zu fahren. Der Rhein ist hier noch Grenzfluss, ich blieb jedoch auf der rechten Rheinseite, wo der Radweg konstant in Flussnähe verläuft. Den Kaiserstuhl fest im Blick ging es ruhig und stetig strampelnd auf Breisach zu. Vorteil, ich rollte ohne große Steigungen hier durch die Oberrheinische Tiefebene. Sehr fein das.
Vor der Fahrt mühte ich mich um ein paar Übernachtungsmöglichkeiten. Der Kaiserstuhl und seine Weine waren klares Ziel, davon hatte bereits viel gehört und einiges getrunken. Als erste Bleibe fokussierte ich zunächst Ihringen an, Deutschlands Ort mit den meisten Sonnenstunden, doch der war sensationeller Weise mit Einzelzimmern bereits komplett ausgebucht.
Daraufhin suchte ich weiter und fand den Ort Achkarren, was ein Ortsteil der großflächigen Kommune Vogstburg ist.
Achkarren?
Von Achkarren hörte ich bereits irgendwo irgendwas Positives, in meinem Hirn zog ein altes oxidiertes Relais an und lenkte meine ganze Aufmerksamkeit auf den Ort. Und juchuuh, in einem Hotel und Restaurant fand ich noch ein Einzelzimmer.
Von Breisach aus ging es etwas rechts ab, also nach Osten, wo sich der ehemalige Vulkan schon richtig breit machte. Die dort nicht ganz so tolle Radwegausschilderung brachte mir ein paar Mehrkilometer ein. Das machte aber überhaupt nichts, es war früher Abend, die sich im West absenkende Sonne tauchte im Osten alles in ein wunderschönes warmes weiches Licht, kaum eine Wolke stand am Himmel. Der Kaiserstuhl zeigte sich mit bei diesem Licht besehen ganz charmant. Ich kam langsam näher.
Reichlich Obstbäume säumten meinen Weg. In den nicht ganz so sanften Hügeln standen grüne Hänge mit Weinbergen neben Weinbergen neben Weinbergen. Die Spannung wuchs, so auch meine Furcht vor einer katastrophalen Steigung so kurz vor Schluss. Ja, es ging hoch, klar, aber ich kam moderat bis ins Ziel.
„Willkommen im Vulkanstüble Achkarren!“
Ehrlicherweise nun doch etwas schweren Schrittes wuchtete ich meine Packtaschen auf das Zimmer (in Ordnung!) und nahm erst einmal eine belebende Dusche. Dann folgte der Höhepunkt des Tages, ab ins Restaurant und ran an die Weinkarte.
Angenehmerweise bot man eine reichliche Anzahl an offenen Weinen an, so dass man sich als Probierfreudiger verschiedene Viertele munden lassen konnte. Doch welchen Wein zuerst? Also die aufmerksame blonde Lady mit den Notizblock fragen:
„Die offenen Weine sind alle lokal hier vom Kaiserstuhl?“
„Ja. Die Weine hier auf dieser Seite kommen ausnahmslos von unserer Winzergenossenschaft.“
„Ach, Sie meinen sie kommen alle sogar direkt hier aus Achkarren?“
Was freudig bestätigt wurde.
„Ach, dann hätte ich gerne eine große Flasche Wasser.“
Du Unhold kannst es einfach nicht lassen, aber der Blick war einfach zu köstlich.
„Nein, nicht erschrecken, ich bin auf Radtour und komplett dehydriert.“ Beeilte ich mich mein ungehobeltes Wesen wenigstens etwas gerade zu biegen, „Welchen Wein könnten Sie mir denn besonders empfehlen?“
Gerettet, sie hatte Humor und lachte mit. Empfehlen konnte sie natürlich alle Weine, wir einigten uns erst einmal auf einen halbtrockenen Ruländer, dem Grau-, und Weißburgunder folgen sollten. Doch damit war es nicht weit her, ich war einfach zu platt und fiel bald hundemüde aufs Laken.
Nachschlag 2019 Achkarren & Düsseldorf.
Weine aus Achkarren gibt es nun auch in Düsseldorf. Der bekannte Achkarrener Winzer Herbert Engist ertüchtigte das ehrwürdige und historische aus dem 17. Jahrhundert stammende Lokal "En de Canon", einst Stammlokal von Jan Wellem, und eröffnete vor Weihnachten 2019.
Tipp: En de Canon liegt 50 Meter vom Rhein-Radweg Richtung Marktplatz/Rathaus in der Zollstr. 7 - Fahrradständer befinden sich direkt nahbei.
#Weinradeln, mein nächster Tipp: Nehmen Sie den Isteiner Klotz und Achkarren am Kaiserstuhl in Ihre Radtour am Oberrhein mit auf. Und wenn Sie weiter radeln sollten, vielleicht nach oder an Düsseldorf vorbei Richtung Rotterdam, dann eben nicht vorbei, sondern nur ein paar Meter entfernt vom Rheinradweg ab in die Altstadt hinein zu "En de Canon", wieder Achkarrener trinken.
Ja, ja Düsseldorfer, nicht meckern, sie haben dort auch Altbier aus einer Hausbrauerei. Verzeiht mir, ich setze mich hier in Düsseldorf für den Radtourismus ein. Und dann muss dat.
Auf Euch.
Prost!
Ach so, ja, Achkarren eignet sich auch, wenn die Fortuna in Freiburg besuchen möchte!
Nu ist Schluss...
#Achkarrenerweingold