Dietmar Wolf, der grüne Wolf für Düsseldorf

Bacharach im Dezember 2022

Ein paar Reiseeindrücke

Zum Abschluss meiner Radreise im Sommer 2022 landete ich 16 km flussabwärts von Bingen in Bacharach am Rhein". Zum Urlaubsende sollten ein Bahnhof in der Nähe sein, die Umgegend ansprechend und die Unterkunft ihren nicht zu hohen Preis wert sein. Und das fand ich in Bacharachs Ortsteil Steeg. Fahren Sie einfach die Blücherstraße zwei Kilometer hoch Richtung Waterloo, dann erreichen Sie einen wunderbaren Torbogen durchfahrend bald Steeg und das Gasthaus und Weinstube Zur Fledermaus.

Steeg, Bacharach, mein Gasthaus und das ganze Drumherum gefiel mir dermaßen gut, dass ich unsere Pärchentour zu Advent genau hier hin lenkte. Also erlebten zwei Ehepaare am zweiten Advent zwei Nächte in Steeg zweifellos ohne Zweideutigkeit. Die beiden Herren kennen sich aus dem Düsseldorfer Entenclub, die beiden Damen verstehen sich, Pflicht am Wochenende ist nur immer ein Weihnachtsmarkt.

Wegen der herrschenden Außentemperaturen nahm man vom Fahrrad Abstand und wählte ein dieselgetriebenes KFZ - wenigstens mit Abgasnachbehandlung bei Dieselmotoren mittels selektiver katalytischer Reduktion. Dies brachte uns ohne Probleme und ohne Stau zu werden bis an den Rand des Abgrunds. Fast, es ging nämlich gut bergab!
Aus Richtung Norden kommend wählten wir die A61 Abfahrt Laudert und nahmen die Landstraßen über Wiebelsheim um kurz vor Perscheid spitz rechts und bald noch einmal links Richtung Breitscheid abzubiegen.
Eine tolle Erfahrung! Zu Beginn etwas hüggelig dann aber gut bergab ging es über schmale Sträßchen (Alte 2CV-Weisheit: Eine Straße fängt erst da an wo der Mittelstreifen aufhört.) durch den dunklen Wald. Wir waren zwar bereits im Finsteren unterwegs, fuhren vorsichtig und genossen die winterliche Abfahrt durch enge Kurven, Serpentinen und schwarze Forste.
Die Route möchte ich Ihnen als Erstes ans Herz legen, auch Radreisende werden hier ihr Vergnügen haben.

In der Fledermaus erfuhren wir einen netten Empfang, wir kamen gut unter. Der Hunger trieb uns hinunter ins Tal, vorbei an vielen immer noch wegen der Corona-Wirkungen geschlossenen Gastro-Betriebe.

Unsere Enttäuschung am ersten Abend war groß! Während im Sommer hier zwar wider Erwarten nicht übermäßig viel Jubel, Trubel, Heiterkeit herrschte, es gab dennoch viel touristisches Leben.
Jetzt im Dezember nicht.
Hier rasselten wohl so um 19.00 Uhr die Ketten, die Ketten die die Bürgersteige hoch und die Rollläden herunter zogen.
Rassel Rassel.
Wir fanden kein Restaurant, das per Mail für eine Reservierung angeschriebene wohl erste Haus am Platz schloss alle Türen für eine Winterpause. Obwohl der Hotelbetrieb wohl weiter ging, erhielt ich bis heute keine Antwort...

Zum guten Schluss kamen wir gut im griechischen Restaurant Zeus, Wahlspruch: "Gutes aus dem Land der Götter" unter. Und die Speisen waren echt lecker! Kein Wunder, draußen war es kalt und drinnen wurden wir erst einmal mit einem Ouzo gefügig gemacht. Da meine Partnerin den nicht trinkt war ich direkt sehr lustig.
Wir wollten aber noch Fledermaus-Wein und kehrten nahezu nüchtern zurück ins Gasthaus Zur Fledermaus (Bistro auch geschlossen) wo wir den Frühstücksraum in ein Gesellschaftszimmer umwandelten. Im Sommer steht eine kleine Terrasse zur Verfügung. Dafür war es wirklich zu kalt.

So.
Ja, die Enttäuschung an dem Abend war groß, der Zeus aber konnte unsere Laune beschwichtigen, der Wein ließ Weisheit sprudeln. Und jetzt schreibe ich Ihnen warum ich auch im Dezember wieder nach Bacharach-Steeg zurück kehren werde. Weil:

Weinprinz, Ein Früchtchen, Adventsfenster, Märchenburg, Rhein, Burgen, Carnevalsclub, Adventsmarkt, einem überraschenden Café mit Idealismus, Bürgerschaftlichem Engagement ebenfalls mit Idealismus und Tatkraft. Nicht vergessen, hier schreibt ein Kommunalpolitiker und das jetzt der Reihe nach.

Frühstück. Nach dem wunderbaren Prozess ihrer Runderneuerung nebst gutem Kaffee wunderten sich die beiden Herren. Die Damen lehnten den (Pflicht-) Besuch von Weihnachtsmärkten ab. In Bingen fand 2022 keiner statt, Mainz und Koblenz war viel zu weit weg. Die Alternative, der Besuch des Adventsmarktes im Rathaus Bacharach am zweiten Adventssonntag erfreute die Damen und die Herren, bot man da neben Käuflichem doch eine Gartenbahn Spur G zum Erleben an. Neben den Enten ist Mann ebenfalls dem Bahnwesen zugeneigt.
Für den Samstag trafen wir eine treffliche Wahl:

Weihnachtsburg Burg Rheinstein
Unweit von Bacharach im Ort Trechtingshausen verwandelt sich das Romantik-Schloss Burg Rheinstein in eine faszinierende Märchenwelt. Eine Burg im bunten Lichterglanz, romantische Märchenerzählungen und spannende Burggeschichten, gegen Drachen kämpfende Ritter und Leckeres aus der Burgküche erwarten Sie, schreibt das Haus selbst. Wir erlebten einen spannenden Drachenkampf, Ritter, Burgfräulein (Kinderprogramm) und konnten einen feinen Einblick in das Schloßleben im 19. Jahrhundert gewinnen. Und warum Bacharach die Bayerischen Landesfarben im Wappen hat, wahrscheinlich, wagten wir der Historie des Gebäudes zu entnehmen. Wie sich das gehört genossen wir die auf einem Adventmarkt fälligen Glühweine, Punsch, Waffeln und Wurst, das Ganze garniert mit einem tollen Blick auf den Rhein. Das hatte sich wirklich gelohnt!

Zurück in Bacharach wagten wir wirklich einen Stadtrundgang, doch am winterlichen Samstagnachmittag setzte bereits das Kettengerassel ein...
Macht nix, wir freuten uns über die romantische Fachwerkarchitektur, den Blick auf Stahleck und die Stadttore. Beim Blick auf das Markttor mussten wir zweimal hinsehen, denn da brannte in der Marktstraße 4 Licht.
Da schau!
Kein rotes, nein, ein weißes Licht über einem Eingang vor dem ein Aufsteller das Caféhaus Bacharach ankündigte. Kakao und Kaffee standen bei uns hoch im Kurs, zudem lahmte ich. Also nix wie rein und huch wie schön.
Im Cafehaus Bacharach erhielten wir eine gemütliche Sitzecke und unsere geliebten Heißgetränke durchaus von Tortenstückchen begleitet.
"Ich wage es einfach mal, im Winter weiter geöffnet zu haben", beschied uns die Wirtin, "Man muss doch auch was tun." Fanden wir auch und freuten uns über ihr Engagement. Am Sonntag kehrten wir übrigens nochmals dort ein.

Stichwort Engagement. Stichwort Abendprogramm. Ich hatte gelesen, dass am Samstagabend in Steeg selber etwas stattfinden würde. Am Vorabend bekam ich schon einen giraffenlangen Hals als ich eine Gruppe Menschen in Steeg mitten auf dem Bürgersteig in geselliger Runde Getränke zu sich nehmen sah. Ich ging von Glühwein und Bier aus. Am nächsten Tag, Samstag, gab es die Aufklärung. Steeger Bürgerinnen und Bürger organisierten sog. Adventsfenster. Heißt an einem Abend öffnet man für die Nachbarschaft ein Fenster, Tür oder Tor und lädt ein. Am nächsten Abend ist die/der Nächste dran...
Am heutigen Samstag ward das Ganze auf etwas größer angelegt. Und dies hatte ich ja früh genug mitbekommen und unsere Tour danach ausgeheckt. Der Steeger Carnevals Club SCC lud ab 16.11 Uhr ein zur Weihnachtseselei. Dazu gab es Feuerschalen und (Fledermaus-)Glühwein zum Wärmen, Suppen und Wurst zum Stärken, gepflegte Weine zur Förderung der Diskussion und des Austausches. Oder so. Und selbstgemachte Kleinigkeiten gab es auch, für mich eine Tüte selbst gebackener Esel-Kekse. Dafür sperrte man den Hinterweg, der ist quasi eine Hauptverkehrsstraße in Steeg, öffnete ein paar Garagentore und eröffnete eine ganze Reihe Stände. Als Ortsfremder kam man trotz Carnevalsclub, Glühwein und gepflegter Weine nicht so ins Gespräch. Trotzdem machte es einen Riesenspaß. Für 2023 schaue ich früh in Bacharachs Veranstaltungskalender oder besser die Facebookseite des Steeger Carnevals Clubs ob die Adventsfenster mit der Weihnachtseselei wieder am zweiten Advent stattfinden.
Im Zustand erhöhter Lebensfreude erreichte ich mein Bett in der Fledermaus...

Frühstück. Nach dem wunderbaren Prozess ihrer Runderneuerung nebst guten Kaffees freuten sich die Herren auf die Gartenbahn und die Damen auf den Weihnachtsmarkt im Rathaus zu Bacharach am Rhein. Wir mussten früh aus dem Gasthaus raus, somit erschienen wir pünktlich um 11.00 Uhr im Innenhof des Rathauses. Eindeutig zu früh. Die Stände waren noch nicht fertig, die Bahn hielt sich unter einer Decke sehr bedeckt. Tipp: Kommen Sie um 12.00 Uhr. Dann fuhr die Bahn, es gab zu verzehren, zu erwerben und Wein.

Ein Stand war aber bereits um 11.00 Uhr fertig, klar, dass wir uns dem widmeten. Die Fruchtkelterei Merg aus Gebroth im südlichen Hunsrück präsentierte Rolf Merg mit einer Fülle interessanter und spannender Geschichten. Storytelling beherrscht er! Zu jeden seiner Produkte, egal ob Säfte, Sirup, Konfitüren, Fruchtweine, Secco, Essige, Liköre und einen besonderen Gin, hergestellt aus dem Wacholder des Hunsrücks, gab es ganz sympathisch mit viel verschmitztem Humor viel zu erfahren.
Rolf Merg, ein Früchtchen am Point of Sale.
Und der nächste Marketingexperte folgt sogleich und beides meine ich ganz positiv!

Wir wollten bzw. ich wollte noch Wein aus meiner sommerlichen Radreiseerfahrung:
Dieser Wein (Steeger Esel Trockenes Heu und Steeger Esel Saftiges Gras) wurde uns von einem Weinprinz veräußert. Weinprinz? Gero Schüler vom gleichnamigen Weingut in Steeg bewarb sich bei Deutschlands erster geschlechtsneutralen Wahl zu einer Weinhoheit. Lesen Sie die ganze Geschichte in dem Artikel: "Ich wollte es auf jeden Fall versuchen".
Wir hielten uns länger auf als gedacht, uns wurde immer frischer, wir verabschiedeten uns und stürmten für ein paar heiße Kakao wieder das Caféhaus Bacharach.

Aufgewärmt und aufgeräumt traten wir unsere Rückreise nach Düsseldorf an.

Fazit
Ich komme wieder keine Frage - und wenn Dezember, dann wieder am zweiten Adventwochenende nach Steeg.

Steeger Esel
Zum guten Schluss klären uns die Schülers auf, was es mit der ganzen Eselei in Steeg auf sich hat, hier geht es zum Steeger Esel.
Die Blücherstraße etwas weiter hoch gibt es eine Eselsskulptur, die ich bisher verpasste aber hier auf komoot fand, im Kontext mit Rennrad. Also wieder auf nach Steeg, im Sommer wieder per Rad!

Auf Wiedersehen!